DIE SINGDROSSEL, Ein Sänger der keinen Takt halten kann (028)

Jeder Gärtner freut sich wenn eine Singdrossel seinen Garten besucht, da sie viele Schnecken verspeist. Wenn man drauf achtet bemerkt man, dass der Vogel immer denselben Stein benutzt um die Schneckenhäuser drauf kaputt zu schlagen. Der Stein ist eine Art Amboss für ihn. Die Singdrossel hat eine warm klingende Stimme und wiederholt das Zwischenstück von ihrem Lied normalerweise dreimal. Allerdings verzählt sie sich sehr oft. Weshalb sie so singt und einen Amboss hat, davon erzählt dieses Märchen.

Es war einmal ein Schmied der immerzu sang. Wenn er an der Arbeit war klangen seine Lieder durch die ganze Schmiede, begleitet von dem rhythmischen Gehämmer des schweren Hammers der auf das glühende Eisen schlug. Obwohl sein Gesang nicht immer eine Wohltat für die Ohren war, übertrug sich seine Begeisterung auf alle Menschen die seine Schmiede besuchten.
Der Schmied war stolz wie ein König, dass sein Sohn Turdus mit einer schönen, klaren Stimme gesegnet war, die nach dem Stimmbruch einen seltsamen warmen Klang bekam. Sein Sohn sollte schaffen  was dem Schmied nicht geglückt war; Ein berühmter Sänger werden.
Es gab jedoch ein Problem. Turdus hatte kein Rhythmusgefühl. Und nicht nur das, er konnte auch keine Texte behalten. Schon nach ein paar Zeilen verlor er den Faden.
Turdus versuchte es Tag ein Tag aus. Morgens übte er Texte mit seiner Mutter und Mittags probierte er den Takt zu halten indem er in der Schmiede mit dem Hammer auf das glühende Eisen schlug. Er erfreute sich an der Kraft mit der der Hammer auf das glühende Eisen schlug aber dies in einem gleichmäßigen Rythmus zu tun gelang ihm einfach nicht. Soviel er auch übte, es war nie gut genug. Turdus wurde fuchsteufelswild davon. Ab und zu stahl er sich weg vom Haus und kletterte so hoch in einen Baum, dass seine Eltern ihn nicht finden konnten. Dann sang er mit voller Inbrunst sein eigenes Lied. Als Turdus fast erwachsen war und sah wie unglücklich seine Eltern seinetwegen waren, kletterte er in den höchsten Baum und beschloss dort nicht mehr herunterzukommen. Er blieb so lang dort sitzen bis er sich mit der Zeit in einen Vogel verwandelte. In seiner neuen Gestalt kann jeder ihn jetzt hören und sehen. Seine warme Stimme trägt sich weit von einem hohen Baum oder einer Dachspitze. Und er singt als einer der ersten beim Morgengrauen und geht als einer der letzten zu Bett. Seine Lieder sind kurz und wiederholen sich oft, doch es sind nie dieselben. Seine Strophen wiederholt er oft dreimal. Doch wenn er sich verzählt hat, kann es auch zwei oder fünf mal werden, immer mit einer Pause zwischendurch, als ob er sich fragt;  Wie weit bin ich?
Das Schlagen auf den Amboss ist er so gewöhnt, dass er damit sein Futter erwirbt.

Er schlägt die Schnecken so lange auf den Stein, bis das Haus zerbricht und er das leckere weiche Fleisch verzehren kann.

Singdrosseln (Turdus philomelos ) gibt es nahezu überall. Doch ziehen sie feuchte dicht bewachsene Wälder wie zum Beispiel Erlen und Eschenwälder vor. Außer Schnecken die sie auf einem Stein zerschlagen, fressen sie Insekten und Würmer und im Winter Beeren. Sie sind verwandt mit der Drossel und ungefähr gleichgross, aber heller von Farbe und scheuer. Die Singdrossel sammelt ihr Futter auch gerne auf Grasfeldern. Schon im Januar beginnt ihr Territoriumgesang.

 

© Els Baars, Natuurverhalen.nl

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