Der einsame König, DIE BUCHE (029)

Genieβen Sie auch so die eindrucksvolle solitaire Buchen die stolz und einsam mitten in der Landschaft stehen? Öfters ziert eine rote Buche das älteste Teil eines Friedhofes. Es sind groβe, starke Bäume. Ist es Ihnen schon mal aufgefallen daβ Buchen in einem Buchenwald groβen Abstand zu einander bewahren? Und daβ unterhalb einer Buche nichts wächst? Buchen sind schöne jedoch einsame und sich abseits haltende Bäume. Wie sich daβ so ergeben hat? Lese dieses neue Märchen.

Vor langer, langer Zeit gab es einst einen weisen König. Er war ein wahrhafter König, daβ erkannte man sofort. Groβ, breit stark und er besah alles mit hochmütiger Zurückhaltung. Der König wurde von seinem Volk geschätzt, obgleich man ihn wohl fürchtete. Er war gerecht, aber schlug Aufstände derb nieder wenn daβ benötigt war. Seine Untertanen nannten ihn deshalb auch respektvoll  “die Buche“.
Eines Nachts wurde König Fágus Sylvática, wie er offiziell hieβ, in einem Traum erzählt daβ er nächstens sterben würde. Als er aufwachte wuβte er daβ dies wahr war. Der König hatte keine Kinder und vertraute seine Dienern nicht. Könige wurden umgeben von Strebern, Schmeichlern und Nickeseln. Ein König zu sein macht keine Freude, es ist eine einsame Existenz.
Wer sollte ihm nachfolgen so daβ sein geliebtes Volk im Wohlstand weiter leben konnte? Mit dem Tod auf den Fersen ersann er einen Plan. In seiner Hofhaltung fielen zwei selbständige junge Menschen auf. Der eine war ein muskulöser junger Ritter und die andere eine schlaue Tochter seines Gärtners.

“Ich will sehen wer von euch der meist Taugliche ist um mir nach zu folgen. Derjenige der die Aufgabe wahrhaft, gerecht und fähig vollzieht, soll die neue Majestät dieses Landes werden,“ so sprach der alte König zu den beiden. “Jeder von euch bringt einen Wagen voller Gemüse und Getreide in ein armes Dorf im Osten unseres Landes. Sag ihnen daβ du die Nahrung im Namen des Königs bringst. Hört ihren Sorgen zu und wünsche ihnen nächstes Jahr eine bessere Ernte. Es sind schlichte, aber herzliche Menschen. Nehme von ihnen nur éin Geschenk an. “
Am nächsten Morgen spornte der junge Ritter die Pferde und fuhr selbstsicher mit dem vollen Wagen fort. Er war davon überzeugt daβ er mit seiner guten Herkunft der neue König werden sollte.
Innerhalb von zwei Stunden sollte er überfallen werden von zwei Straβenräubern die im Namen des Königs handelten. Wie würde der junge Ritter handeln? Seine Wahrhaftigkeit, Beteiligung und Führerschaft wurden zur Probe gestellt.
Der rüstige Ritter fühlte sich erniedrigt von den zwei Dieben die ohne daβ er sich widersetzen konnte seinen Wagen gestohlen hatten. Er sah ein daβ er versagt hatte und niemals König werden sollte. Er beschloβ sich einige Tage zu verstecken.
Als er zurückkehrte in den Palast fragte der König: “Wie ist es dir ergangen, junger Mann“
“Ach, König, ich hatte eine glückliche Reise, die Dorfleute sind Ihnen sehr dankbar und als Dank schenken sie Ihnen diese spezielle hölzerne Flöte.“ Der König schaute den jungen Ritter in die Augen und schwieg.

Am nächsten Tag reiste die Tochter des Gärtners ab mit einem Wagen in ein anderes Dorf. Auch sie wurde schon rasch überfallen von den Straβenräubern. Sie kehrte spornstreichs zurück in den Palast, erzählte was geschehen war und bat dem König um einen neuen Wagen mit Getreide und Gemüse für die armen Dorfleute und extra Begleitung um Abstand zu den Straβenräubern zu halten.
Dann war der König sich darüber im Klaren wer der zukünftige Fürst werden sollte. Die Tochter seines Gärtners war nicht nur wahrhaft, sondern die Nöte des Volkes lagen ihr am Herzen. Am nächsten Tag wurde sie gekrönt. “Liebe Königin,“ so sprach der König als sie nach all den Feierlichkeiten allein waren, “Morgen werde ich nicht mehr da sein. Du bist nicht nur ehrlich und gerecht, ich weiβ daβ du  auch in Weisheit regieren wirst. Du bist jedoch noch jung und ich werde dir helfen. Pflanze dieses Nüβchen auf mein Grab und komme mit jedem Problem zum Baum der hieraus wachsen wird. Höre gut auf den weisen Rat des Baumes.“
Jener Nacht starb der König und die junge Königin pflanzte sorgfältig das rohe Nüβchen auf sein Grab. Am nächsten Tag stand da ein Baum, der schon bald zu einem groβen, breiten und starken Baum wurde mit dicken Ästen und Wurzeln. Der einsame Baum ragte hoch über alles und besah alles mit hochmütiger Distanz. Jeden Tag begann die Königin mit einem Gespräch mit dem Baum.

Die lange Jahre ihrer Herrschaft sind noch immer bekannt als die meist glückliche und friedliche in der Geschichte. Das Volk gab dem Baum einen Namen: “Buche“,  benannt nach dem weisen König der in dem Grab unterhalb des groβen Baumes lag.

Auffallend ist daβ die Buche, Fágus Sylvática, oberflächlich wurzelt. Dicke Wurzeln liegen zum Teil oberhalb des Bodens. Daher wehen sie leicht um bei schweren Stürmen. Der Baum wird nicht, wie man erwarten würde, sehr alt, meistens ca.  150 Jahre alt und unter guten Bedingungen 300 Jahre.
Eine Buche hat breite Seitenäste weshalb der Stamm im Schatten steht. Wenn durch da
s absägen von einem Seitenast der Stamm in die volle Sonne kommt, verbrennt dies die Rinde weshalb der Baum sehr ernsthaft beschädigt wird oder sogar stirbt. Beobachte mal den Stamm einer freistehenden Buche genau von unten nach oben. Es ist kein gerader Stamm zum Wipfel. Die niedrige seitliche, nach unten gerichtete waagerechte dicke Seitenäste sind herrlich für die ganze Familie um darauf zu schaukeln. Das Laub lässt nur wenig Licht zum Boden durchdringen. Daher und weil ihre Blätter sauer sind, wächst unterhalb des Buches kaum etwas.

 

© Els Baars, Natuurverhalen.nl

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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