Warum die Stelze so ängstlich ist (010)

In landwirtschaftlichen Gebieten sieht man eigentlich immer einige Stelzen. Es ist ein schöner aber nervös scheinender, schwarz-weißer Vogel. Haben Sie sich schon einmal gewundert warum die Stelze immer so unruhig um sich schaut und ständig mit ihrem Schwanz wippt? Der Anlass dazu war ein brutaler Diebstahl. Höre gut zu:

Als die Tiere geschaffen wurden brauchten sie alle Farben, Pfoten, Ohren, Augen und noch viel mehr Dinge. Es gab jedoch so viele Tiere, dass irgendwann die Schwänze ausgingen. Für den Maulwurf und den mächtigen Bären waren daher nur noch sehr kleine Schwänze übrig. Ein kleiner schwarz-weißer Vogel kam erst an die Reihe nachdem alle Schwänze vergeben waren. Er musste sich mit einem stumpfen, schwanzlosen Hinterteil begnügen. Das stimmte ihn sehr traurig. Er schämte sich und fand sich sehr hässlich so ohne Federschwanz.

Damals besaß der Zaunkönig einen prächtigen langen Schwanz. Neidisch schaute der schwarz-weiße Vogel sich diesen Schwanz an und träumte von einer so langen und zierlichen Federpracht. Wie schön würde das aussehen bei seinem schwarz-weißen Federkleid. Er war davon überzeugt selbst viel mehr Anspruch zu haben auf solch einen Schwanz denn es war natürlich Unsinn, dass so ein kleiner Federball wie der Zaunkönig solche prächtigen Schwanzfedern besaß. Er brütete über einer List. Tagelang wartete er auf seine Chance. Als der kleine Vogel an einem schwülen Sommertag in einem Strauch ein Nickerchen machte, stahl der schwarz-weiße Vogel mit rasendem Tempo die prächtigen Schwanzfedern des Zaunkönigs und flüchtete weit weg auf einen verlassenen Bauernhof. Da würde ihn niemand find. Sorgfältig klebte er dort die langen Federn an sein Hinterteil. Wie froh war er mit seinem schönen langen Schwanz. Stolz lief er herum und betrachtete sich am Ufer eines Sees im Wasser.

Doch der Preis den er für seinen Schwanz bezahlt ist hoch: Angst beherrscht sein Leben. Er wohnt noch immer in abgelegenen, stillen Gebieten. Bis zum heutigen Tag hat er Angst, dass der Zaunkönig sich seine Federn in einem unbeobachteten Moment zurückholt. Immerzu schaut er scheu  herum, auf der Suche nach Feinden die ihm seine Federn streitig machen wollen. Er wippt ständig mit seinem Schwanz um sich zu vergewissern, dass seine prächtigen Federn sich noch an ihrem Platz befinden. All seine Nachfahren haben diese Eigenschaft geerbt.

Und wie ist es dem Zaunkönig ergangen?
Nachdem sein langer Schwanz gestohlen wurde blieb nur noch kurze Zeit ohne Schwanz zurück. Da das Gewicht der langen Federn nicht mehr auf seinen Unterschwanz drückte, richtete sich der kleine Unterschwanz auf. So können wir den Zaunkönig in einem Augenaufschlag an seinem kurzen hoch stehenden Schwänzchen erkennen. Er hat den Diebstahl schon lange vergessen, denn das kleine Schwänzchen hat auch so seine Vorteile. Er ist so viel flexibler im dichten Strauchgewächs.

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In ganz Europa sieht man in ländlichen Gebieten die gelben und weißen Stelzen. Sie schätzen eine ruhige Umgebung mit vielen Insekten. Die gelbe Stelze bevorzugt feuchte, ruhige Lagen, wie zum Beispiel Weiden, Moraste und Flussufer. Die weiße Stelze ist weniger wählerisch und kommt überall vor. Die meisten dieser Vögel ziehen im Herbst in wärmere Gebiete.

 

© Els Baars, Natuurverhalen.nl

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